Halt bei Ver­än­de­rungen bieten

Von jeher mar­kiert Führung bei der Ent­wicklung von Gesell­schaften einen ent­schei­denden Unter­schied: Unter klugen, weit­sich­tigen Führern gediehen Gemein­schaften, wuchsen Sicherheit und Wohl­stand der Men­schen, ent­wickelten sich Künste und Wis­sen­schaft. Ver­än­de­rungen wurden mit großem Elan vor­an­ge­trieben – und alle machten mit. Diese Situation der breiten aktiven Betei­ligung am Wandel ist für all jene erstre­benswert, die ver­ändern wollen, und die dabei auf die Gefolg­schaft anderer ange­wiesen sind, sprich für Füh­rungs­kräfte und Manager von Unter­nehmen. Hierin besteht eine der größten Her­aus­for­de­rungen im modernen Management: Wie bringe ich Men­schen dazu, gemeinsam mit mir den Weg des Wandels zu gehen und auch in beschwer­lichen Pas­sagen und trotz Wet­ter­um­schwünge nicht den Mut zu ver­lieren, sondern Ideen für das Wei­ter­gehen zu entwickeln?

Die Antwort birgt kein Geheimnis und die Bewäl­tigung dieser Her­aus­for­derung ist keine Hexerei. Erfolg­reiche Führung gründet auf den Hal­tungen und Hand­lungen der mit dieser Aufgabe betrauten Per­sonen: auf der inneren (mora­li­schen) Festigkeit, der kom­mu­ni­ka­tiven Klarheit, dem offenen Geist und auf der Ent­schluss- und Durch­set­zungs­kraft der Füh­rungs­kräfte sowie – und nicht zuletzt – auf deren per­sön­licher Art, den Mit­ar­beitern zu begegnen.

Diese per­sön­lichen Fähig­keiten einer Füh­rungs­kraft sind weniger eine Frage von Cha­risma, als vielmehr von Cha­rakter; es ist weniger eine geheim­nis­volle Kunst, als vielmehr schlichtes Hand­werkszeug, das man erlernen kann. Man muss es aber wollen! Und hier liegt die Krux. Füh­rungs­kräfte demo­ti­vieren ihre Mit­ar­beiter nur noch selten mit allzu auto­ri­tärem Auf­tritt; viel häu­figer fliehen sie ihrer Füh­rungs­aufgabe, indem sie nicht ent­scheiden, nicht klar Stellung beziehen, nicht ein­deutig kom­mu­ni­zieren, ihre Ziele im Unklaren belassen und nicht selten ihren Mit­ar­beitern mit Gleich­gül­tigkeit und Ignoranz begegnen. Ver­än­de­rungen, die auf breiter Mit­wirkung gründen, gelingen auf diese Weise nicht!

Heute müssen Füh­rungs­kräfte mit immer schneller auf­ein­ander fol­genden Ver­än­de­rungen, mit per­ma­nentem Wandel umgehen können. Sie sind auf­ge­fordert, sich selbst zu Agenten dieses stän­digen Wandels („change agents“) zu machen: sie sollen Ver­än­de­rungen selbst anstoßen und die gleich­zeitig die Bedin­gungen schaffen, dass diese in ihren Unter­nehmen und Orga­ni­sa­tionen von allen Betrof­fenen mit­ge­tragen und somit wirksam werden. Diese For­derung ist in der modernen Welt ebenso ver­ständlich wie schwer zu mei­stern. Wer es können will, wer wirklich ver­ändern will, braucht inneren Halt. So sind Fle­xi­bi­lität und Ver­än­de­rungs­fä­higkeit einer­seits und per­sön­liche Festigkeit ande­rer­seits kein Wider­spruch, sondern zwei Seiten der gleichen Medaille.

Ver­än­de­rungen sind kein neues Phä­nomen. Schon Heraklit wusste, dass alles im stän­digen Fluss ist: „panta rei“. Führen im Wandel wird zunehmend ein zen­trales Thema im Management, weil Ver­än­de­rungen immer schneller auf­ein­ander folgen, weil sie tief grei­fender sind, weil sie immer weitere Kreise ein­be­ziehen und weil sie in einer Welt des „anything goes“ zum Problem geworden sind. Wo alles geht, gilt nichts! Wenn alles möglich ist, gelingt wenig. Mit der Not, etwas zu ver­ändern, Neues zu finden, geht nicht selten der Blick für das Bewah­rens­werte ver­loren, für das Fest­halten an dem, was erfolg­reiche Ver­än­de­rungen erst möglich macht: Klarheit, Auf­rich­tigkeit, Zuver­läs­sigkeit und Wert­schätzung. Der erfolg­reiche „change agent“ ver­einigt diese Werte in einer sta­bilen Per­sön­lichkeit. Sie geben ihm selbst und dem Wandel einen Halt.